Last Updated on 17. Juni 2024 by Marita
- „Er hat mich provoziert!“
- „Selber schuld, wenn du dich so verhältst!“
- „Du hast mich beleidigt!“
- „Das muss ich mir nicht bieten lassen!“
- „Du machst mich wütend!“
- „Das bringt mich auf die Palme!“
- „Du bist schuld, dass ich jetzt schlechte Laune habe!“
Kennst du das? Jemand (dein Kind, dein Bonuskind, dein Partner oder die Ex) sagt etwas, benutzt vielleicht sogar ein Schimpfwort und du bist sofort auf 180? Es brodelt in dir, dein Puls steigt, dein Herz schlägt schneller, du willst schreien und kannst dich nur noch gerade so zurückhalten. Du bist zornig, sauer.
In diesem Artikel erfährst du, wieso du selbst die Kontrolle über deine Gefühle haben solltest – und wie dir das gelingt.
Die fünf Basisemotionen – Gefühle in uns
Vor ein paar Jahren gab es den wunderbaren Animationsfilm „Alles steht Kopf“ von Disney/Pixar (*affiliate link)
(Wenn du ihn nicht kennst, unbedingt anschauen! Eignet sich auch gut für einen Filmabend zusammen mit den Kindern :))
Darin kommen die fünf Basisemotionen vor, die im Kopf der Protagonistin Riley leben:
- Freude (gelb)
- Kummer (blau)
- Angst (lila)
- Wut (rot) und
- Ekel (grün)
Das sind die Gefühle, die als wesentlicher Bestandteil jeder menschlichen Existenz angesehen werden.
Diese Figuren übernehmen abwechselnd die Kommandozentrale und führen so Riley durch ihren Alltag. Dazu gibt es noch Kernerinnerungen in Kugeln und fünf Persönlichkeitsinseln, aus denen sich Rileys Charakter zusammensetzt.
Doch zurück zu den Gefühlen. Diese haben bestimmte Funktionen: Freude sorgt dafür, dass Riley glücklich ist, Angst bewahrt sie vor Verletzungen. Wut sorgt für Gerechtigkeit und Ekel dafür, dass Riley nicht krank wird. Und Kummer? Nun ja, guckt es euch am besten selbst an.
Welches Gefühl lässt du ans Steuer?
Ich mag das Bild von den „Männchen“ im Kopf, die sich um die Machtübernahme an der Schaltzentrale streiten.
Wer entscheidet, welche Emotion die Kontrolle übernimmt? Ich denke, das bin ich selbst!
Gefühle kommen nämlich nicht von außen, sondern entstehen in meinem Kopf durch meine Interpretation der Ereignisse. In diesem Zeitfenster kann ich entscheiden, wen ich ans Steuer lasse. Gedanken lassen sich viel leichter beeinflussen als Gefühle.
Ähnlich wie eine Ampel, die von grün erst auf gelb und dann auf rot umspringt. Die kurze Gelbphase nutze ich zum tiefen Atmen, um einen Abstand zwischen die „Beleidigung“ und meine Reaktion darauf zu bringen, damit ich nicht im Affekt handle und etwas tue, was ich anschließend vielleicht bereue.
Nimm dir die Zeit zum Nachdenken. Das gute, alte „erstmal bis 10 zählen“ hat durchaus seinen Sinn!
„Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum.
Viktor E. Frankl
In diesem Raum haben wir die Freiheit und die Macht,
unsere Reaktion zu wählen.“
Eigenverantwortung für deine Gefühle
Ich habe schon einmal davon erzählt, wie mich die Schimpfworte meines Bonussohnes frustriert und genervt haben.
Gestern war es ähnlich schwierig. Tom kam nach einem verlängerten Wochenende bei seiner Mutter wieder zurück zu uns nach Hause. Ihm fällt es sonntags abends immer schwer, wieder anzukommen und „umzuschalten“. (Hier erfährst du mehr über Der Tag nach dem Umgangs-Wochenende – Warum sind Übergänge im Patchworkleben so schwer?)
Sein gesamtes Verhalten drückt aus, dass er sie vermisst, nicht hier sein will und auf Schule am nächsten Morgen sowieso gar keinen Bock hat. Vor allem hat er die „Technik“ entwickelt, im Bett liegend an die Wand zu klopfen, was durchaus laut und vor allem nervig sein kann. Auf ein Gespräch hat er sich nicht eingelassen, die Bitte aufzuhören, konnte oder wollte er nicht erfüllen.
Jetzt habe ich die Freiheit zu entscheiden: Lasse ich mich „provozieren“?
Gebe ich dem Kind die Macht über mich, indem ich sage: „Du machst mich wütend?“
Oder schaffe ich es, aus der Opferrolle auszusteigen und selbst die Verantwortung für meine Gefühle zu übernehmen.
Ich bin müde. Ich bin frustriert. Ich brauche Ruhe. Ich sorge für mich, indem ich z.B. über Kopfhörer Musik höre oder in den Keller ausweiche…
Die Entscheidung, Gefühle anzunehmen
Enden wir heute mal mit einer Geschichte:
Ein junger Grobian kam wütend auf Buddha zu und beschimpfte ihn. Buddha ließ sich durch diese Beleidigungen nicht kränken.
Stattdessen fragte er den jungen Mann: „Sage mir doch einmal, wenn du für jemanden ein Geschenk kaufst und der Betreffende nimmt das Geschenk nicht an, wem gehört dann das Geschenk?“
Der Mann war von der seltsamen Frage, die ihm da gestellt wurde, überrascht und antwortete: „Mir würde es gehören, denn ich habe es ja schließlich gekauft!“
Buddha lächelte und sagte: „Das ist richtig. Du kommst zu mir und machst mir ein Geschenk: deine Wut. Ich möchte sie aber nicht, ich weise sie zurück. Sie gehört immer noch dir.“
nach „Buddha und die Wut“, Renate Freisler und Katrin Greßer
Du kannst dir nicht immer aussuchen, was in deinem Leben passiert. Aber du kannst immer entscheiden, wie du damit umgehst.