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Entschuldigung! Ein kleines Wort kann so viel bewirken – oder auch nicht. Zum aktuellen Slang meiner (vor)pubertären Kinder gehört aktuell das Wort „Sorry!“ In Verbindung mit dem motzigen Tonfall, bringt mich das auf die Palme. Warum eigentlich?, habe ich mich gefragt. Weil es eben nicht ernst gemeint ist! Dieses Problem tritt nicht nur zwischen (Bonus)Eltern und (Teenager)Kindern auf, sondern vor allem auch in Beziehungen.

„Wenn er sich entschuldigt, klingt es so, als ob er gerade den Wetterbericht vorliest!“

Neulich waren Anna und Mark bei mir im Paarcoaching. Sie haben oft Streit, wenn seine Kinder da sind. Denn dann hat Anna das Gefühl, sie ist abgemeldet. Alles, was die Kinder machen, wird von Mark „entschuldigt“. Anna fühlt sich von ihrem Partner absolut nicht verstanden. „Er entschuldigt sich ständig, aber ich habe das Gefühl, er versteht gar nicht, worum es mir geht! Wenn er sich entschuldigt, klingt es so, als ob er gerade den Wetterbericht vorliest! “ Mark hingegen findet, dass er tut, was er kann. „Es tut mir echt leid, dass es Anna schlecht geht und ich entschuldige mich dafür. Was soll ich denn noch machen?!“

Was Mark nicht sieht: Er entschuldigt sich oft für Verhaltensweisen, die er nicht wirklich bereut, nur um Konflikte zu vermeiden. Diese scheinbar harmlosen Entschuldigungen sind für Anna frustrierend. Sie fühlt sich nicht ernst genommen, sondern hat den Eindruck, dass Mark einfach nur den Streit beenden will.

Anna hat das Gefühl, dass Mark nur oberflächliche, leere Worte absondert – nach dem Motto „Du hast Recht und ich hab meine Ruhe.“ Warum überhaupt noch miteinander reden, wenn alles vom Tisch gewischt wird?

Ihr Kommunikationsmuster ist eine Abwärtsspirale: mehr Frust, weniger Vertrauen, keine guten Gespräche, unsichere Beziehung.

Ein Schild sagt auch nicht mehr als Worte.

Warum fühlen wir uns „schuldig“?

Sich zu ent-schuld-igen bringt ja überhaupt nur dann etwas, wenn wir uns schuldig fühlen.

Wie jedes Gefühl hat auch die Schuld eine wichtige Aufgabe. Sie entsteht, wenn wir uns entgegen unserer Werte so verhalten haben, dass eine andere Person zu Schaden kommt. Einerseits dienen Schuldgefühle als sozialer Klebstoff, indem sie uns dazu bringen, soziale Normen und Regeln einzuhalten. Sie sind so was wie die Verkehrspolizisten der Emotionen, die darauf achten, dass wir uns an die sozialen Regeln halten. Schuldgefühle erinnern uns daran, dass unsere Taten Konsequenzen haben und dass es manchmal mehr bringt, ein ernst gemeintes „Sorry“ zu sagen, als den Fehler zu vertuschen. Schuld motiviert uns, Verantwortung zu übernehmen und den entstandenen Schaden zu beheben. Damit hilft sie uns auf dem Weg zu einem besseren Ich.

Der im Kindergartenalltag inflationär benutzte Satz „Jetzt entschuldige dich halt einfach!“ bringt deshalb nichts. Es muss erst ein Bewusstsein darüber entstehen, dass wir etwas „falsch“ gemacht haben. Nur wenn wir reflektieren können, was in den anderem vor sich geht, kann unsere Entschuldigung andocken.

Unterschiedliche Sichtweisen in Beziehungen sollten deshalb viel öfter zu einem Gespräch über unsere Werte führen als mit leeren Entschuldigungsphrasen den Streit vom Tisch zu wischen!

DAS ist keine Entschuldigung!

Für Anna und Mark lohnt es sich, in die Tiefe zu gehen und zu hinterfragen, was eine Entschuldigung wirklich bedeutet. Ist es bloß ein Mittel zum Zweck, um einen Konflikt zu beenden, oder steckt echtes Verständnis für die Position des anderen dahinter?

Unaufrichtige Entschuldigungen dienen oftmals nur dazu Verantwortung zu vermeiden, die Schuld zu relativieren oder auf die andere Person zu schieben. Dass das nicht hilfreich ist, ist klar. Sich zu entschuldigen kann niemandem „aufgezwungen“ werden, sondern muss von innen kommen. Es ist besser, erst dann das Gespräch zu suchen, wenn man sich selbst innerlich geklärt hat.

Entschuldigung! Sorry seems to be the hardest word

Diese Aussagen sind keine Entschuldigungen!

Tut mir leid, wenn ich etwas Falsches gesagt habe, aber du bist manchmal auch sehr empfindlich.

Zack, da wird der Ball direkt zurückgeschossen. Wer die Entschuldigung mit einer Anschuldigung kombiniert, ist nicht aufrichtig.

Tut mir leid, dass du mich falsch verstanden hast.

Schiebt dem anderen die Schule zu. Bedeutet nichts weniger als „Dein Problem, ich kann nichts dafür.“

Tut mir leid, dass ich sauer werde, wenn du mich unter Druck setzt.

Schlimm – und echtes Beziehungsgift, weil scheinheilig. In dieser Entschuldigung ist ein direkter Vorwurf versteckt.

Sorry, aber jeder macht mal Fehler. Du solltest das einfach akzeptieren.

Das klingt schon so lapidar, dass mein Teenie-Mutter-Ohr klingelt. Hier wird die Entschuldigung mit einem Vorwurf kombiniert und der Eindruck erweckt, dass die andere Person überempfindlich sei.

Tut mir leid, ich bin kein guter Verlierer.

Liefert nur eine Ausrede und zeigt kein Verständnis für den anderen. Die Haltung „Ich bin halt so, das musst du akzeptieren“ ist ein Totschlagargument – und verhindert jegliche persönliche Weiterentwicklung.

Es tut mir leid, wenn das für dich ein Problem war, aber ich konnte nicht anders handeln.

Diese „Entschuldigung“ deutet an, dass die Person keine andere Wahl hatte und wirft gleichzeitig die Schuld auf die Reaktion der anderen Person.

Tut mir leid, aber

Egal was nun folgt: Jedes (!) „aber“ entwertet die Entschuldigung und macht sie damit null und nichtig.

Tut mir leid, du fühlst dich jetzt bestimmt so wie ich mich damals, als du…

Klingt versöhnlich, ist aber kein Friedensangebot, sondern reibt dem anderen eigene Fehler unter die Nase.

Tut mir leid, wenn ich etwas gesagt habe, das dich verletzt hat.

Nicht ganz schlecht, aber auch nicht gut. Denn hier weiß der „Übeltäter“ offensichtlich gar nicht, was er falsch gemacht hat. Lieber fragen: „Habe ich dich verletzt?“

Okay, jetzt hast du schon einige Beispiele gehört, wie es nicht geht. Vielleicht fühlst du dich bei der einen oder anderen Aussage ertappt – oder dir wird bewusst, warum sich diese Sätze immer etwas schal angehört haben und kein gutes Gefühl in dir ausgelöst haben.

Ein Blumenstrauß alleine bringts nicht.

Taten sind wichtiger als Worte – aktive Wiedergutmachung

Noch schlimmer als reine Lippenbekenntnisse macht es übrigens die Haltung: „Ich hab mich doch entschuldigt! Jetzt muss es aber auch mal gut sein!“ Schließlich ist es nicht nur wichtig zu sagen, dass es einem leidtut, sondern auch zu zeigen, dass man es ernst meint.

  • Das bedeutet, aktiv an der Lösung des Problems zu arbeiten und das Verhalten zu ändern, das die Entschuldigung notwendig machte.
  • Es erfordert ein Verständnis dafür, warum die Entschuldigung notwendig war, und einen klaren Plan, wie man zukünftige ähnliche Situationen vermeiden kann.
  • Zeigen, dass man es ernst meint, bedeutet auch, offen für Kommunikation zu sein und die Perspektive der anderen Person zu verstehen.
  • Es erfordert Geduld und die Bereitschaft, Vertrauen über die Zeit wieder aufzubauen.
  • Konkrete Handlungen können oft mehr sagen als tausend Worte. Das kann bedeuten, bestimmte Verhaltensweisen zu ändern, sich aktiv um Wiedergutmachung zu bemühen oder vereinbarte Schritte zur Konfliktlösung umzusetzen.

Eine Entschuldigung ist nicht das Ende des Prozesses, sondern der Anfang.

„Jetzt hab dich doch nicht so!“

Zu viel des Guten „Over Apologizing“

Es ist so furchtbar, dass ich dir nicht zugehört habe. Unverzeihlich. Wahrscheinlich dauert es Jahre, bis du mir wieder vertraust.

Maßlose Übertreibungen sind nur ein verzweifeltes Betteln um Vergebung und Trost, keine Entschuldigung. Eine Überentschuldigung kann aus einer Vielzahl von Gründen erfolgen.

  • falsche Schuld (sich für etwas verantwortlich fühlen, für das man nicht verantwortlich ist)
  • übertragene Schuld (sich für das Verhalten anderer schuldig fühlen, weil diese keine Schuld empfinden)
  • People Pleasing (das Streben nach Anerkennung durch andere)

Ich erinnere mich noch an eine Situation in einer Gastfamilie, als meine Host Sister zu mir sagte: „You are sorry for everything!“

Da wurde es mir zum ersten Mal bewusst.

Menschen, die dazu neigen, es anderen immer recht machen zu wollen, sprechen manchmal „automatisch“ Entschuldigungen aus, auch wenn sie gar keine Schuld tragen oder empfinden sollten. Dieses Verhalten kann aus verschiedenen Gründen entstehen: der Wunsch nach Anerkennung, die Vermeidung von Konflikten oder die Sorge um die Meinung anderer.

MERKE: Es gibt viele Situationen, in denen es richtig ist, sich zu entschuldigen, aber es gibt auch Momente, in denen es gar nicht hilft. Wenn du dich selbst dabei erwischst, dass du dich ständig entschuldigst, nimm dir einen Moment Zeit und überlege, ob du wirklich Schuld hast.

Sag Danke statt Entschuldigung

Statt sich immer automatisch zu entschuldigen, könnte in vielen Fällen ein einfaches „Danke“ eine positive Alternative sein. Das fördert eine konstruktive Kommunikation und lenkt den Fokus auf Wertschätzung anstelle von Schuld oder Reue.

Kein Verbot, sondern ein Danke-Verkehrszeichen am Nidda-Radweg.
  1. Statt „Es tut mir leid, ich bin spät dran“ könntest du sagen: „Danke für deine Geduld und dass du auf mich gewartet hast.“
  2. Anstatt „Entschuldigung, ich habe deine Zeit verschwendet“ könntest du sagen: „Danke, dass du dir Zeit genommen hast, darüber zu sprechen.“
  3. Anstatt „Es tut mir leid, dass ich dich damit belästigt habe“ könntest du sagen: „Danke für dein Verständnis, ich schätze deine Unterstützung.“
  4. Statt „Es tut mir leid, dass ich das vergessen habe“ könntest du sagen: „Danke, dass du mich daran erinnert hast, ich schätze deine Aufmerksamkeit.“

„Danke“ statt „Entschuldigung“ macht die Kommunikation schöner. Statt sich nur auf mögliche Fehler oder Unannehmlichkeiten zu konzentrieren, wird der Fokus auf gegenseitige Wertschätzung und Kooperation gelenkt. Augenhöhe Das fühlt sich für beide gut an!

Willst du eine Entschuldigung oder Wertschätzung?

Wir sind von unserer eigenen Erziehung geprägt. Deshalb glauben wir, es gehört sich halt so, dass man sich entschuldigt. Gleichzeitig merken wir, dass Entschuldigungen allzu oft als leere Phrasen daherkommen, die uns gar nicht innerlich erfüllen und zufriedenstellen.

Frag dich doch mal: Warum wünschst du dir eine Entschuldigung?

Geht es dir nicht vielmehr darum, dich verstanden zu fühlen? Ganz oft versteckt sich hinter der Forderung, dass der andere sich entschuldigt, der Wunsch nach Wertschätzung. Wir alle wollen gesehen werden mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen. Wir haben die tiefe Sehnsucht danach, anerkannt, geschätzt und verstanden zu werden.

Anna und Mark haben sich darüber ausgesprochen, was hinter den oberflächlichen Entschuldigungen versteckt war. Mark hat zum ersten Mal Anna gegenüber seine Dankbarkeit dafür ausgedrückt, was sie an den Umgangswochenende leistet. Dieser Moment echter Verbindung war wunderschön und hat ihre Beziehung wieder auf ein festes Fundament gestellt.

Wofür bist du deinem Partner dankbar? Regelmäßig ausgedrückte Wertschätzung sorgt für tiefe Zufriedenheit und Nähe in einer Beziehung. Probier es aus!

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Das hat geklappt!

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