Doch! Ist es! Und das sollte mal gesehen und anerkannt werden. Wenn es dir heute noch keiner gesagt hat: Du machst das großartig! Einfach weil du es immer wieder versuchst.
Komplimente tun uns gut. Komplimente stärken uns und bauen uns auf. Und manche Sätze, dir wir ein einziges Mal gehört haben, können uns viele Jahre lang tragen. Weil das so wichtig ist und gleichzeitig so selten geschieht, bin ich über die Frage von Jutta Büttner gestolpert: An welches Kompliment kannst du dich immer noch erinnern?
In diesem Blogartikel verrate ich dir das größte Kompliment, das ich von der Mutter meines Bonuskindes bekommen habe und gehe der Frage nach, was alles im Patchwork wertgeschätzt werden sollte.
Wertschätzung: Du bist wichtig.
Alle Menschen haben das Bedürfnis, als wichtig wahrgenommen zu werden, von anderen Menschen gesehen zu werden und ihnen etwas zu bedeuten. Es ist zentral für unser Wohlbefinden, dass wir wissen, dass andere an uns denken, unseren Rat suchen und sich darum sorgen, was mit uns geschieht. Wir brauchen das Gefühl, in der Welt Bedeutung zu haben und für andere Menschen von Bedeutung zu sein.
Woher wissen andere, dass sie für uns wichtig sind? Indem wir es ihnen sagen!
Das Gefühl der eigenen Wichtigkeit (oder Unwichtigkeit) beginnt in der Kindheit. Eltern sind (in der Regel) die ersten wichtigen Bezugspersonen für ihr Kind. Durch das oft als Kuschel-Hormon bezeichnete Oxytocin entsteht eine Bindung. Zum einen bei der Mutter, denn Oxytocin ist besonders wichtig für den Geburtsprozess, die Entstehung der Wehen und das Stillen. Auch bei Vätern, die sich viel um ihren Nachwuchs kümmern, steigt der Oxytocinspiegel an. Doch auch ohne Oxytocin kann eine Bindung entstehen.
Patchwork ist keine große Sache – sondern eine Million kleine Dinge.
Im Patchwork heißt es oft „Du wusstest doch, dass er ein Kind hat.“ (Eine meiner „Lieblingsphrasen“ aus dem Bullshit-Bingo für Stiefmütter.) Das ist das Gegenteil von Wertschätzung. Denn es nimmt all die vielen Kleinigkeiten, die es bedeutet, sich auf einen Partner mit einem oder mehreren Kindern einzulassen, gar nicht ernst. Deshalb hier mal eine Erinnerung.
Patchwork bedeutet:
- dass man vor Verabredungen immer im Kalender nachguckt, ob das ein Tag mit oder ohne Kinder ist
- dass man nicht mehr frei über seine Zeit verfügen kann, sondern sich abstimmen muss
- plötzlich viel mehr Wäsche zu haben
- seine Wochenenden auf dem Spielplatz oder in der Trampolinhalle zu verbringen
- freitags die Lieblingswurst vom Bonussohn einzukaufen, auch wenn man selbst Vegetarier ist
- immer wieder Abschied zu nehmen
- dass aus Einzelkindern plötzlich Geschwister werden
- dass man bei einem Teil des Lebens der Kinder nicht dabei ist
- plötzlich zeitweise mit einem Schulkind oder Teenager zusammenzuleben
- sich anzuhören, was das Kind am Wochenende erlebt hat
- irgendwie immer zwischen den Stühlen zu sitzen
- dass man nach jedem Umgang gefühlt wieder von vorne anfängt mit allen Regeln
- manchmal aus Versehen Mama genannt zu werden
- manchmal aus Versehen nicht Mama genannt zu werden
- dass eine andere Welt jede Woche in meine Wohnung überschwappt
- zu merken, dass ein Kind mehr oder weniger beim Lautstärkepegel einen enormen Unterschied machen kann
- dass die Vergangenheit einen Einfluss auf die Gegenwart hat und man das akzeptieren muss
- dass viel mehr Menschen Teil der Familie sind als ursprünglich geplant
- immer wieder neu seinen Platz zu suchen und zu finden
- einen Einfluss auf das Leben von Kindern nehmen zu können und diese verantwortungsvoll beim Großwerden zu begleiten
- … eine Million weitere Dinge
All diese Dinge mitzumachen, ist keine Selbstverständlichkeit.
Wir alle wünschen uns, dass gesehen wird, was wir für andere tun und inwiefern wir einen Beitrag in ihrem Leben leisten. Doch meist gilt die Devise: Nicht geschimpft ist genug gelobt. Und Menschen wollen auch gar nicht gelobt werden, denn das bringt einen leicht in eine untergeordnete Position: Jemand anderes bewertet, wie gut oder richtig ich mich verhalten habe. Etwas völlig anderes hingegen ist Wertschätzung.
Ich halte es für ausgesprochen wichtig und wertvoll, einander direkt mitzuteilen, wenn etwas, das der andere getan hat, für uns bedeutsam ist. Wenn es uns geholfen, getröstet, inspiriert oder amüsiert hat. Wenn jemand etwas getan hat, das dein Leben ein kleines bisschen besser gemacht oder zur Erfüllung deiner Bedürfnisse beigetragen hat – sag es ihm!
Ein Kompliment an mich
Ich erinnere mich noch heute an einen Satz, den die Mutter meines Bonuskindes zu mir gesagt hat. Sie hatte gerade ihren Sohn vorbeigebracht. Während er schon in sein Zimmer gelaufen war, standen wir noch kurz zusammen im Flur. Sie sagte zu mir:
„Er kommt echt gerne hierher. Ich habe ein gutes Gefühl, dir meinen Sohn anzuvertrauen. Danke für deine ruhige Art und Geduld mit ihm.”
Obwohl dieser Moment nur wenige Sekunden gedauert hat, wirkt er noch Jahre später in mir nach.
Hast du schon einmal ein Kompliment rund ums Patchworkleben bekommen? Wofür würdest du dir Wertschätzung wünschen? Verrat es im Kommentar!
Liebe Marita,
„Du hast doch gewusst, auf was du dich einlässt!“ – Ich schreibe hier: NEIN.
Nein, ich habe es nicht gewusst. Zu viele Hollywood-Filme, die ein völlig unrealistisches Bild zeigen (okay, ich habe mir überhaupt auch Kinder ins Erwachsenwerden begleiten anders vorgestellt – das ist jetzt vielleicht mein Ding).
Ich feiere alle Menschen, die diese Aufgabe auf Augenhöhe erledigen.
Vielen Dank für deinen Artikel. Ich fühle mich gesehen!
Liebe Grüße
Jutta Büttner
Danke für dein Feedback. Ach ja, diese Bullshit-Phrasen, die man sich rund um Patchwork immer wieder anhören muss – denen gilt es wirklich etwas entgegen zu setzen. Das machen wir. Liebe Grüße, Marita