„Sei mutig, bitte um Hilfe“. Das hat für mich 3 Aspekte, auf die ich jetzt näher eingehen werde.
(Das Video stammt von einem Live aus der Facebook-Gruppe Patchwork auf Augenhöhe – Entspannt Stiefmutter sein mit Marita Strubelt. Du bist herzlich eingeladen!)
Sei mutig
Es erfordert nämlich tatsächlich Mut, um Hilfe zu bitten. Das setzt nämlich voraus, dass ich mir eingestehe, dass ich Hilfe brauche. Dass ich es nicht alleine schaffe. Dass ich nicht weiterkomme. Das mag ja keiner gern. Wir wollen ja immer gern den Schein wahren, dass alles super läuft. „Es ist alles gut“, machst Du das auch manchmal, dass Du sagst: „Das passt schon. Das kriege ich schon hin!“
Das Problem ist, wir machen das dann immer noch ein Stück mehr und noch ein Stück mehr und stellen dann oft erst, wenn es schon viel zu spät ist, fest, es wäre doch besser gewesen, man hätte sich frühzeitig Hilfe geholt. Sich das frühzeitig einzugestehen und zu sagen: „Ich frage jetzt einfach mal jemanden, ob er mir helfen kann“, und zwar, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist, finde ich sehr mutig.
Um Hilfe zu bitten, ist ein Zeichen von Stärke.
Es gibt auch das schöne Sprichwort:
Mut heißt nicht, keine Angst zu haben. Mut heißt nur, dass man trotzdem springt.
Das ist eine tolle Liedzeile von Sarah Lesch. Es geht wirklich darum, diesen Schritt zu machen und es zu wagen. Ich finde, es ist ein Zeichen von Stärke, wenn man um Hilfe bittet, weil man sich damit verletzlich macht und zeigt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass ein Kontakt entstehen kann und der andere überhaupt sieht, was du brauchst.
Da sind wir beim zweiten Teil: Sei mutig, bitte um Hilfe. Es geht um das Bitten.
Bitte
Da möchte ich euch eine kleine Geschichte erzählen, die ich sehr gern mag. Manche kennen sie vielleicht schon, ich habe sie auch schon im Newsletter verwendet, weil sie mir wirklich gut gefällt. Das ist bei uns in der Familie schon ein geflügeltes Wort geworden, wenn jemand keine Bitte äußert, sondern darauf wartet, dass der andere selbst erkennt, was man denn jetzt will. Kennt ihr das? Dieses Unterschwellige „Hier liegen ja noch Schuhe rum“… Ja, genau! Aber was willst Du denn? Man impliziert dann, dass der andere schon weiß, was er jetzt tun soll, aber das muss ja gar nichts heißen. Genauso wie „Ich habe Hunger“. Was heißt das denn? Heißt das, mach mir bitte etwas zu essen? Heißt das, ich möchte mir gern selbst etwas zu essen machen? Heißt das, ruf den Pizzaservice an? Was denn nun? Zurück zu der Geschichte:
Die Todesliste des Bären
Es geht das Gerücht im Wald um, dass der Bär eine Todesliste hat. Die Tiere, die da drauf stehen, müssen sterben. Die Tiere haben alle Angst, machen eine Versammlung und besprechen, was sie jetzt tun können. Da sagt der Hirsch: „Ich bin groß, stark und mutig. Ich gehe jetzt zum Bären und frage ihn mal.“ Der Hirsch geht zum Bären und sagt: „Du Bär, ich habe gehört Du hast eine Todesliste. Ist das richtig?“ Da sagt der Bär: „Ja, das stimmt.“ Sagt der Hirsch: „Stehe ich da auch drauf?“ „Ja“, sagt der Bär, „Du stehst da auch drauf.“ Der Hirsch rennt weg, versteckt sich, aber zwei Tage später wird er tot im Wald aufgefunden.
Die Tiere haben noch mehr Angst, machen wieder eine Versammlung. Dann sagt das Wildschwein: „Ich gehe jetzt noch einmal zum Bären und frage ihn, was da Sache ist.“ Das Wildschwein geht zum Bären und sagt: „Du Bär, wir haben gehört, Du hast eine Todesliste. Ist das richtig?“ „Ja“, sagt der Bär, „das ist richtig.“ Sagt das Wildschwein: „Stehe ich denn da auch drauf?“ „Ja, du stehst da auch drauf.“ Das Wildschwein rennt weg und versteckt sich, wird aber trotzdem tot im Wald aufgefunden.
Alle Tiere haben große Angst. Dann sagt der Hase: „Ich gehe jetzt nochmal zum Bären und frage ihn.“ Dann sagen alle: „Was? Du kleiner Hase?“ „Doch“, sagt der Hase, „ich bin mutig, ich gehe zum Bären.“ Er geht zum Bären und sagt: „Du Bär, wir haben gehört, Du hast eine Todesliste. Ist das richtig?“ „Ja“, sagt der Bär, „das ist richtig.“ Da sagt der Hase: „Stehe ich denn da auch drauf?“ „Ja“, sagt der Bär, „du stehst da auch drauf.“ Da sagt der Hase: „Könntest Du mich da streichen?“ Sagt der Bär: „Ja klar, gar kein Problem!“
Ich weiß nicht, ob Du das lustig findest. Ich fand das ziemlich zum Schmunzeln. Mir hat diese Geschichte gut gefallen, denn es ist teilweise wirklich so simpel. Sag einfach, was Du haben möchtest, und dann kriegst Du es. Vielleicht kriegst Du es auch nicht, aber wenn Du gar nicht sagst, was Du möchtest, hat der andere ja gar keine Chance, Dir Deinen Wunsch zu erfüllen.
Sei konkret mit dem, was Du möchtest
Das war der Teil mit dem Bitte. Wie formuliere ich denn eine Bitte? Konkret. Du möchtest vielleicht mit Deinen Kind kuscheln oder hättest grad gern eine Umarmung. Dann sag: „Ich hätte grad gern eine Umarmung. Magst Du mit mir kuscheln?“ Vielleicht sagt das Kind nein, aber vielleicht sagt es ja auch ja. Wenn man einfach nur sagt: „Magst Du mal kuscheln?“, dann sagt es vielleicht nein, obwohl es das für Dich machen würde oder der Mann oder wer auch immer. Es geht einfach darum, sei konkret mit dem, was Du möchtest. Was brauchst Du denn genau? Dann kann der andere ja immer noch entscheiden, ob er Dir das geben mag oder nicht. Ich finde es auch wichtig, dass es tatsächlich eine Bitte ist und kein Befehl. Aber wenn der gar nicht weiß, worum es Dir geht, dann kann er Dir auch nicht helfen.
Der dritte Teil: Hilfe
Das setzt ja eine gewisse Reflexion voraus, dass Du Dich fragst, was Du Dir genau wünschst. Hilfe gibt es ja in ganz unterschiedlichen Bereichen. Wenn ich denke, der Haushalt ist so viel Stress, dann habe ich ja ganz unterschiedliche Optionen. Ich kann mir eine Putzhilfe leisten oder ich frage meinen Mann, ob er mal mit anpackt. Vielleicht mache ich es auch etwas konkreter: „Schatz, kannst Du bitte in Zukunft die Einkäufe mit nach Hause bringen?“ Wie das dann genau aussieht, ob der andere das dann macht oder nicht, und wie man damit umgeht, wenn er es nicht macht, das ist nochmal etwas anderes. Erstmal geht es um den ersten Schritt: zu sagen, was Du willst. Hilfe bei der Kinderbetreuung. Nimm Dir einen Babysitter. Oder frag einfach mal die Kindergartenfreundin, ob sie einmal in der Woche Dein Kind mit abholen kann oder von der Schule. Was würde Dich entlasten? Und dann konkret darum bitten.
Was hilft Dir wirklich?
Ich erinnere mich, ich hatte neulich, das ist jetzt noch gar nicht so lange her, ein Wochenendseminar. Das war mir wahnsinnig wichtig und hat mir gut gefallen. Mein Mann hat in der Zeit auf die Kinder aufgepasst. Dann rief er plötzlich in der Mittagspause an und sagt: „Du musst sofort Dein Seminar abbrechen. Du musst nach Hause kommen, ich bin krank. Ich kann mich nicht mehr um die Kinder kümmern.“ Ich habe gesagt: „Das geht nicht. Es ist mir grad wichtig, dieses Seminar zu machen. Was können wir machen?“ Er hat gesagt: „Mir geht es nicht gut. Ich kann mich jetzt auch um nichts kümmern.“
Dann habe ich auch überlegt, ich brauche jetzt grad etwas für meine Kinder. Daraufhin habe ich in dieser Mittagspause mein gesamtes Adressbuch durchtelefoniert, eine Kindergartenfreundin nach der nächsten. „Ich bin auf dem Seminar. Der Papa passt auf die Kinder auf. Der ist krank. Könntest Du…“ Erst haben mir 4 oder 5 abgesagt und schließlich habe ich das eine Kind bei der einen und das andere Kind bei der anderen untergebracht. Ich habe dann meinem Mann geschrieben: „So und so organisiert. Bring die eine da hin und die andere da hin.“ Dann bin ich wieder in das Seminar gegangen und habe das Handy ausgemacht.
Die Hilfe, die Du brauchst
Nach zwei Stunden war die nächste Kaffeepause. Da gucke ich auf mein Handy, da sagt er: „Mir ging es dann doch besser. Ich habe mich da gar nicht mehr drum gekümmert. Wir sind jetzt alle zu Hause.“ Dann habe ich gedacht: „Wie peinlich! Jetzt habe ich die ganzen Kindergartenfreundinnen verrückt gemacht, und die Mütter haben ihren Tagesplan umgeschmissen.“ Und er hat denen auch nicht abgesagt. Also habe ich dann auch wieder abgesagt. Erst habe ich mich geärgert, als ich dann aber darüber nachgedacht habe, habe ich gedacht, eigentlich ist es super gelaufen: Ich konnte in meinem Seminar bleiben. Das war eigentlich das wichtigste für mich. Für meinen Mann war es okay, weil er wusste, im Notfall, wenn er jetzt wirklich Fieber bekommt, sind die Kinder versorgt. Ich hatte ja auch die Hilfe bekommen, die ich brauchte. Als ich denen das dann erklärt habe, haben sie auch gesagt: „Das war schon okay. Wir haben uns das schon gedacht.“
Die Frage ist: Was brauchst Du konkret? Worum geht es Dir? Was ist das wichtigste? Was steckt denn dahinter? Mein Wunsch war ja da gewesen, an dem Seminar teilzunehmen – und das hatte sich erfüllt. Wie das dann hinterher konkret aussah, ist gar nicht so wichtig. Da sind wir wieder bei dem: Worum geht es Dir denn eigentlich? Geht es Dir darum, das Kind da hinzubringen? Oder geht es Dir darum, Dich in dem Moment nicht darum kümmern zu müssen. Worum bittest Du denn eigentlich?
Hilfe als finanzielle Unterstützung
Bei einem Coaching, was jetzt letzte Woche war, konnte man ein Anschlusscoaching buchen. Meine Freundin Claudia wollte das gern machen, hatte aber momentan nicht das Geld. Dann hat sie zuerst die Kursleiterin angefragt. „Wie sieht es aus? Kannst ich da später bezahlen, obwohl der Kurs anfängt?“ Also total konkret. Sie hat gar nicht damit gerechnet, dass sie da eine positive Rückmeldung bekommt. Und die Kursleiterin hat gesagt: „Ja, das ist kein Problem. Du kannst es mir auch eine Woche später bezahlen.“ Oder die Mutter zu fragen. „Ich brauche jetzt Geld, kannst Du mir etwas leihen?“ Warum machen wir das oft nicht? Steht uns da der Stolz im Weg? Was kannst Du für Dich tun, damit es Dir besser geht? Das ist das Um-Hilfe-Bitten.
In welchen Bereichen kann man um Hilfe bitten?
Hilfe im Haushalt, Hilfe mit den Kindern, Hilfe finanzieller Art. Ich habe sogar schon mal die Kindsmutter um Hilfe gebeten. Als mein Mann sich neulich bei der Gartenarbeit den Daumen halb abgesäbelt hat und ins Krankenhaus musste, habe ich gesagt: „Kannst Du ihn uns bitte zurückbringen? Wir können gerade nicht fahren.“ Das hat sie auch gemacht. Ich finde, man kann auch breit denken und alle möglichen Quellen anzapfen.
In Amerika ist es üblich, dass man sich für Ernährungsfragen oder im Sport einen Coach nimmt. Warum nicht auch in Erziehungsfragen? In Amerika ist sogar das langsam üblich. Bei uns ist das ja total verpönt zu sagen, ich komme jetzt gerade an den Punkt, wo ich nicht weiter weiß. Da sind wir wieder beim Anfang, da schließt sich der Kreis. Es ist mutig, sich das einzugestehen und das auch nach außen zu sagen.
Hilfe in Sachen Erziehung
Ich weiß noch, als Tom zu uns gezogen ist, habe ich mich umgeschaut. Was gibt es denn für Hilfe für Stiefmütter? Wo kann ich denn hingehen? Worauf muss ich denn jetzt achten? Wer kann mir denn da Unterstützung geben? Dann waren wir bei einer Erziehungsberatung von der Caritas. Die waren auch ganz nett, aber ich habe mich als Stiefmutter da null abgeholt gefühlt. Die hat dann schon gesagt: „Das ist ja toll, dass Sie von selber kommen. Normalerweise komme wir immer erst, wenn das Jugendamt uns dazu auffordert.“ Sie fand das gut, dass wir aktiv gesagt haben: „Was können wir machen?“ Es war ja noch nicht mal so, dass wirklich große Not war, aber ich wollte da einfach jemanden, der mir hilft. Der mir Tipps gibt. Der mich unterstützt. Mit dem ich reden kann.
Unsere Facebookgruppe
Das finde ich auch so schön, und deshalb freue ich mich auch. Wir sind 300 Mitglieder in der Gruppe. Ich finde es total super, so einen Verbund zu haben. Eine Gruppe, wo man seine Fragen stellen kann, wo man diesen Austausch hat und das Verständnis. Menschen, die ähnliche Situationen durchgemacht haben. Ich finde das unglaublich wichtig. Ich hätte mir das damals vor 10 Jahren gewünscht. Damals habe ich so etwas nicht gefunden. Das finde total wertvoll und das ist auch da ein Zeichen von Stärke zu sagen: Ich bin jetzt hier. Ich stelle jetzt auch meine Frage. Ich sage jetzt auch mal, an den und den Stellen komme ich nicht weiter.
Meine Frage an Dich: Wie kann ich Dir helfen?
Es gibt ja unterschiedliche Typen.
- Der eine liest sich 250 Seiten in einem Ratgeber durch, wenn er Hilfe braucht, oder auch mehrere Ratgeber. Es kann sein, dass da etwas Hilfreiches dabei ist. Das ist Selbststudium.
- Der andere macht einen Selbstlern-Coaching-Kurs.
- Oder man geht in eine Gruppe, wo es ein eher lockerer Austausch ist.
- Der nächste macht ein 1:1-Coaching und sagt, ich möchte jemanden, der mich eng begleitet.
Mich würde interessieren: Was sind Angebote, die Dir persönlich fehlen? Sagst Du, ich hätte gern ein Seminar vor Ort. Oder ein Seminar ist überhaupt nicht meins. Da sind dann 30 fremde Leute mit im Raum. Da würde ich mich niemals öffnen. Ich hätte gern eine Selbsthilfegruppe. Das ist jetzt vielleicht kein schönes Wort. Aber einen kleinen Kreis mit 6 oder 8 Leuten. Wir treffen uns und tauschen uns aus. Oder ich hätte gern etwas, was länger dauert. Nicht nur ein Kurs, der nach 6 Wochen vorbei ist, sondern ich hätte gern etwas, was ein ganzes Jahr abdeckt. Wo man sagt, da habe ich Ostern mitgemacht und den Schulwechsel, und dann mache ich auch Weihnachten mit. Ich habe eine Gruppe, die mit mir da durchgeht. Was wäre das, was Dir persönlich am meisten helfen würde?
Wünsch Dir was!
Nutz das für Dich und schau mal, in welchen Bereichen Du Unterstützung brauchst. Oder in welchen Bereichen bin ich so mutig, mal um Hilfe zu bitten? Was wäre das konkrete – denk da gern an die Todesliste vom Bären – was genau möchtest Du? Was ist das, was Du brauchst? Ich finde es super, dass wir hier diesen Austausch haben und dass wir diesen wertschätzenden Umgang miteinander habe. Ich freue mich über jeden, der hier ist. Ich würde gern euch noch mehr genau das geben, was Du brauchst. Möchtest Du lieber einen Call oder ein Video? Welche Thema hättest Du gern in einem Blogartikel?
Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen.
Damals war das auch so. Man hatte einen Zusammenhalt. Man konnte einfach mal sagen: „Lieber Nachbar, bitte bring mir etwas vom Einkaufen mit. Anderer Nachbar, pass mal bitte kurz auf meine Kinder auf. Oder die Oma ist krank. Kannst Du sie mal bitte da abholen.“ Man hatte viel mehr dieses Netzwerk. Heutzutage leben wir in großen Städten. Jeder ist für sich allein. Man hat seine Arbeit. Man hat Kollegen, die oft gar nicht so viel mit dem Privatleben zu tun haben. Dann hat man Nachbarn, die man mehr oder weniger gut kennt. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist. Aber dieses wirkliche Netz, wo man weiß, man kann da anrufen, da ist jemand, der auch Zeit hat und mir zuhört, wenn ich ihn brauche – das finde ich wahnsinnig wertvoll.
Jetzt bitte ich Dich um Hilfe
Meine Bitte an Dich: Schreib in die Kommentare, welche Art von Unterstützung Du Dir von mir wünschst! Mehrfach-Angaben sind möglich, Du kannst auch gern weitere Ideen hinzufügen.
- Notfall-Coaching. Einzeltermin innerhalb von 48 Stunden.
- wöchentliche Gruppen-Calls in einem festen Teilnehmerkreis (6-8 Teilnehmer), fortlaufend
- Jahresprogramm mit Treffen online 1x pro Monat
- Gruppenprogramm (ca 15-20 Teilnehmer) zeitlich begrenzt auf 6-8 Wochen
Ich danke Dir für Deine Unterstützung! Es tut echt gut, um Hilfe zu bitten – kann ich Dir nur auch empfehlen…