Last Updated on 4. Januar 2023 by Marita
Jetzt ist ein schon ein Stück Erinnerung: Die Zeit des Lockdowns im Frühjahr 2020. Angesichts steigender Zahlen wird es voraussichtlich immer mal wieder zu Quarantäne-Zeiten kommen. Die Bedürfnisse von Eltern und Kindern sind immer noch dieselben, die Strategien, die gut helfen können, auch. Deshalb habe ich diesen Artikel mit meinen Erfahrungen für Dich überarbeitet. Ich freue mich auf Deien Rückmeldung!
Ob die Bonuskinder in dieser Zeit zwischen ihren Eltern wechseln können, wird sich noch zeigen. Jedenfalls besteht die „Gefahr“ oder Chance (je nach Perspektive), für lange Zeit mit Deinem Partner, Deinen und/oder seinen Kindern unter einem Dach zu leben. Und zwar rund um die Uhr.
Diese Vorstellung kann durchaus beängstigend sein. Du erinnerst Dich vielleicht an die letzten Umgangswochenenden, an denen es Streit gab. Wie soll das werden, wenn die Kinder sich nicht mehr draußen austoben können? Schon der Gedanke daran löst Kopfschmerzen aus. Musst Du jetzt vom Aufstehen bis zum Schlafengehen einen Lärmpegel aushalten? Puh, atme erstmal tief durch!
Was ist Deine größte Angst?
Es ist völlig okay, sich jetzt hillflos zu fühlen. Unser Gehirn hat keine Referenz, auf die es in dieser Stiuation zurückgreifen kann – und das macht erstmal Angst. Diese Besorgnis ist ein Gefühl, das Dir sagt: Schau hin! Was befürchtest Du? Was sind die Situationen, vor denen Du besonders Angst hast? Was könnte zu kurz kommen?
- dass es zu langweilig ist
- dass es zu laut ist
- dass die Kinder sich streiten
- dass Du allen hinterher putzen musst
- Unsicherheit, wie lange es andauern wird
Hinter diesen Befürchtungen versteckt sich jeweils ein Bedürfnis. Das kann Ruhe sein, Harmonie, Ordnung, Raum, Bewegung, Selbstbestimmung oder Sicherheit. Für jedes dieser Anliegen gibt es unterschiedliche Strategien, die Du für Dich nutzen kannst, um es zu erfüllen. Dabei darfst Du ruhig kreativ werden, gerade wenn die „normalen“ Dinge, die Du sonst im Alltag für Dich tust, nicht mehr möglich sind. Wichtig ist, dass Du selbst die Verantwortung für Deine Bedürfnisse übernimmst.
Wir schauen uns gemeinsam an, wie Du die nächsten Wochen so gestalten kannst, dass es für alle annehmbar wird.
Corona-Krise – So funktioniert ein friedvolles Miteinander
Damit das gelingen kann, gibt es mehrere Grundsätze:
- Jede Handlung von jedem Menschen dient dazu, sich ein bestimmtes Bedürfnis zu erfüllen.
- Menschen handeln nicht GEGEN andere, sondern FÜR ihre eigenen Bedürfnisse.
- Meine eigenen Bedürfnisse sind genauso wichtig wie die anderer Menschen.
- Menschen tragen gern zum Wohlergehen anderer bei, wenn sie dies freiwillig tun können.
- Menschen wählen zu jedem Zeitpunkt die bestmögliche Strategie, die ihnen in dem Moment zur Verfügung steht.
Egal, was die Kinder tun – sie tun es nicht, um Dich zu ärgern. Sondern sie sorgen für sich und erfüllen sich selbst ein Bedürfnis. Dabei nutzen sie die beste Strategie, die ihnen gerade einfällt. Würde ihnen eine bessere einfallen, würden sie die nutzen. Dieser Gedanken kann Dir schon helfen, Dich zu entspannen. Mantra: Das hat nichts mit mir zu tun.
Jeder ist für seine eigenen Bedürfnisse selbst verantwortlich. Vom anderen ein bestimmtes Verhalten zu erwarten, ist nicht hilfreich für einen entspannten Umgang miteinander. Wenn Du Deine Bedürfnisse klar erkannt hast, kannst Du aber andere Menschen um konkrete Dinge bitten, die Dein Leben schöner machen. Wenn sie selbst auch gesehen werden und ihre Bedürfnisse nicht übergangen werden, wollen Menschen grundsätzlich immer dazu beitragen, dass es anderen gut geht. Das liegt in unserer Natur.
Wichtig ist also zu wissen, was Deine Bedürfnisse sind und durch welche Strategien diese erfüllt werden können. Das schauen wir uns in den nächsten Wochen Stück für Stück an. Abonniere dafür gern meinen Newsletter, darin gebe ich Dir konkrete Hilfestellung und Tipps, wie Du Dir Deine Bedürfnisse erfüllen kannst.
Quarantäne-Bedürfnis Nr. 1: Struktur
Manchmal lieben wir es, ohne Termine in den Tag hinein zu leben. So erfüllen wir uns das Bedürfnis nach Freiheit und Selbstbestimmung. Schon nach einiger Zeit kann sich aber ein anderes Bedürfnis in den Vordergrund schieben. Statt eines leeren Blattes und unendlichen Stunden wünschen wir uns dann einen klaren Plan, eine Struktur.
Wir haben gemeinsam mit den Kindern einen Tagesplan erstellt und dabei überlegt, was jedem wichtig ist. Durch eine Struktur läuft man nicht Gefahr, im totalen Chaos zu enden. Außerdem liegt der Tag nicht so „erschreckend“ lang vor einem, sondern man sieht, dass schon in einer Stunde der nächste „Programmpunkt“ ansteht. Gerade für Kinder mit ADS-Thematik ist ein Zeitplan zur Orientierung wichtig.
Wir haben eine grobe Struktur von 8:00 bis 20:00 Uhr festgelegt. Neben den Mahlzeiten sind das im Wesentlichen vormittags eine Arbeitszeit und nachmittags eine Projektzeit. Dazu Zeiten zum Spielen und Toben. Gemeinsame Aktivitäten wechseln sich mit Ruhe- und Arbeitszeiten der Eltern ab.
Was für jede Familie wichtig ist, kannst Du selbst am besten sehen. Vielleicht macht eines Deiner Kinder noch Mittagsschlaf? Das könnte ein guter Zeitpunkt sein, zu dem die größeren fernsehen – denn dann bleibt es ruhig und Du kannst gemütlich einen Kaffee trinken.
Die Zeiträume sind dabei so groß gewählt, dass kein Druck entsteht, sondern ebenso Raum für Flexibilität und Spontanität bleibt.
Quarantäne-Bedürfnis Nr. 2: Lernen
Für die Arbeitszeit war es uns wichtig, dass die Kinder mit Freude dabei sind. Jetzt täglich Übungsblätter aus der Schule durchzuboxen wäre mir selbst zu nervig. Deshalb haben wir überlegt, was wir lernen wollen. Von den Kindern kamen die unterschiedlichsten Ideen: Pandabären, das Orchester, Flöte spielen, stricken, Elektrizität und Technik.
Um festzuhalten, womit wir uns jeweils beschäftigt haben, gestalten wir Plakate. Am ersten Tag haben die Geschwister Rechenhäuschen gemalt (ein Vorschlag von meiner Tochter aus der 1. Klasse), heute ging es um die Tieres des Waldes. Die Poster hängen wir nach und nach im Kinderzimmer auf.
Quarantäne-Bedürfnis Nr. 3: Beschäftigung
Wenn Kinder längere Zeit zu Hause sind, ist das „normale“ Spielen mit Lego, Eisenbahn und Puppen irgendwann nicht mehr inspirierend. „Nix machen und vor Langeweile kreativ werden“ kann als Strategie funktionieren, aber wenn die Kleinen aus lauter Langeweile die Wände anmalen, hilft es, ein paar Aktivitäten aus dem Hut zu zaubern.
Sinnvoll ist es, Kinder in den Prozess einzubeziehen. Also gemeinsam mit ihnen zu überlegen, worauf sie Lust haben. Die Vorschläge können auf einzelne Zettel geschrieben (oder gemalt) und in einer Box gesammelt werden. Wenn Langeweile aufkommt, einfach einen Zettel ziehen…
Wir haben vor einiger Zeit schon in meiner Facebook-Gruppe Ideen gesammelt:
- Kissenschlacht
- Der Boden ist Lava
- Musikparty
- Spieleabend
- mit Salzteig basteln
- Kasperletheater
- Fingerfarben und Kartoffeldruck
- Höhlen bauen
- Schatzsuche im Haus
- Fondue Abend oder Raclette
- selbstgemachte Pizza
- Filmarathon mit Popcorn
- Plätzchen backen
- Lebkuchenhaus dekorieren
- Eiscreme selbst machen
- Domino Day im Wohnzimmer
- Bastelmaterial in der Natur sammeln
- Experimentieren
- Kreativsteine bemalen und auslegen
- Vogelhaus basteln
- Batiken oder Taschen bemalen
- Tassen/Porzellan bemalen
- mit Kreidemarker die Fenster dekorieren
- … Du hast noch eine tolle Idee? Dann schreib sie in die Kommentare!
Quarantäne-Bedürfnis Nr. 4: Ruhe
Der ZEITPUNKT ist eine der Schrauben, an denen Du drehen kannst, um Dein Bedürfnis nach Ruhe zu erfüllen. Wenn Du früh aufstehst, kannst Du Deinen Tank mit Ruhe füllen, bevor die Kinder aufwachen. Egal, was am Tag noch passiert, Du hast dann definitiv schon etwas für Dich getan. Das hält auch noch für spätere Stressphasen vor.
Spätestens am Nachmittag drehen die Kinder auf (jedenfalls meine). Sich davon nicht überraschen zu lassen sondern innerlich darauf einzustellen, hilft auch.
Wenn es tatsächlich um die reine Lautstärke geht, probier mal Ohropax aus. Auch Musik auf die Ohren ist eine mögliche Lösung. „Toben nur oben“ ist eine der wenigen Regeln, die wir konsequent umsetzen.
Und dort dann (möglichst) die Tür vom Kinderzimmer schließen.
Wenn es im Wohnzimmer zu laut ist, kannst Du selbst in einen anderen Raum gehen. Stellschraube: ORT.
Ich hänge dann zum Beispiel sehr gerne die Wäsche im Keller auf. 😉
Du kannst Dich nicht konzentrieren, dabei müsstest Du eine dringende Email schreiben? Statt ausgerechnet jetzt auf Ruhe zu pochen, versuch es einfach mit einer anderen AKTIVITÄT. Manche Tätigkeiten sind trotz kreischender Kinder möglich – und irgendwann hört das Geschrei auch wieder auf.
Tu Dir etwas Gutes!
Trink einen Kaffee oder brüh Dir einen Tee.
Iss ein Stück Schokolade.
Mach etwas Stretching oder Yoga.
Atme.
Lächle.
Auch das geht vorbei.
Versprochen.
Natürlich kannst Du auch versuchen, die Kinder um Ruhe zu bitten. Vielleicht hast Du Glück und es gelingt ihnen, Deinen Wunsch zu erfüllen. Wenn nicht, denk an die Grundannahmen: Sie tun es nicht, um Dich zu ärgern. Sie können gerade nicht anders. (!)
Quarantäne-Bedürfnis Nr. 5: Bewegung
Das Schwierige am Bedürfnis Ruhe der Erwachsenen ist das Bedürfnis Bewegung auf Seiten der Kinder. Wenn beides gleichzeitig passiert, muss man gute Lösungen finden, die beide Bedürfnisse miteinander verbinden.
Geh nicht in die Konfrontation, schimpf nicht. Es bringt eh nichts und hinterher brauchst Du ewig, um die Stimmung wieder zu kitten. Stattdessen kannst Du versuchen:
- ihnen eine gemeinsame Aktivität anbieten
- Etwas zusammen spielen
- Ein bisschen fernsehen (wobei das hinterher zu noch mehr Bewergungsdrang führen könnte)
- Etwas zu essen in den Ring zu werfen, ist auch immer eine gute Idee. Dabei müssen es nicht immer Süßigkeiten sein. Aufgeschnittenes Obst geht genauso gut.
- nutze das Glas mit den Aktivitäten (s.o. Bedürfnis: Beschäftigung)
Generell ist es hilfreich, die Kinder über den Tag „auszupowern“. Kinder brauchen einfach Bewegung, um sich gut zu entwickeln, und zwar auf eine andere, wildere Art als wir Erwachsenen. Uns reichen vielleicht ein paar Yoga-Übungen (die für Kinder sicherlich auch nicht schlecht sind), Kindern tut es gut, sich nicht immer an feste Spielregeln halten zu müssen. HIer sind einige Ideen:
- Tobezeiten einplanen.
- Spiele vorbereiten: Der Boden ist Lava, Feuer-Wasser-Blitz, verstecken im Haus
- eine Fitness-App
- eine alte Matratze auf dem Boden zum Hüpfen
- wenn möglich an die frische Luft gehen
- draußen rennen
Auf meiner Facebook-Seite habe ich einige Videos mit Anregungen für Bewegung im Haus verlinkt.
Quarantäne-Bedürfnis Nr. 6: Freiheit
Freiheit ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Für viele hat kaum ein Bedürfnis so einen verlockenden Klang:
Tun und lassen, was man will! Oft wird Sicherheit als Gegensatz der Freiheit gegenübergestellt. Aktuell steht für die Gesellschaft Sicherheit augenscheinlich im Vordergrund. Sicherheitsmaßnahmen, Krise der Sicherheit, Der Virus wird zur Gefahr für unsere Sicherheit – so lauten einige Schlagzeilen. Zu Hause zu bleiben ist wichtig, um die Gesellschaft zu schützen. Aber wo bleibt da die Freiheit?
Heute wurde mir bewusst, dass ich gerade eine große Freiheit habe.
- Statt pünktlich aufstehen zu müssen – ausschlafen.
- Statt zum Bus hetzen und Kinder zur Schule bringen – in den Tag hinein leben.
- Kein 9-5-Bürojob – sondern home office
- Kein Tür-und-Angel-Gespräch mit dem Partner – sondern 3 gemeinsame Mahlzeiten
- Statt Freizeitstress und Zeitdruck – Klavierspielen, zeichnen und backen
- Statt Konsum – ausmisten, aufräumen und Schätze entdecken
- Kein Schulstress und Hausaufgabendruck – sondern spielen, forschen und gemeinsam lernen
- Statt ein Kaffee zwischendurch – lange Telefonate und online Austausch
Ja, unser Alltag, wie wir ihn kennen, ist aktuell nicht möglich.
Ob Du das als Einschränkung oder als Chance siehst, ist Deine Entscheidung.
Dir fällt auch noch ein Bedürfnis ein, für das Du gern einen großen Pool an Stategien hättest? Dann poste es in die Kommentare!
Lockdown, Quarantäne, mehrere Wochen mit (Bonus)Kind zu Hause, noch dazu bei schlechtem Wetter?
😱 Diese Vorstellung kann durchaus beängstigend sein.
😳 Wie soll das werden, wenn die Kinder sich nicht mehr draußen austoben können?
😵 Musst Du jetzt vom Aufstehen bis zum Schlafengehen einen Lärmpegel aushalten?
😩 Wirst Du den ganzen Tag damit beschäftigt sein, Streitigkeiten zwischen den Geschwistern zu klären?
🤔 Und wie kannst Du sagen, wenn Dir alles zu viel ist, ohne dass das gleich zum nächsten Streit führt?
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Ich freue mich auf Dich! Deine Marita
Vorschlag gegen Langeweile:Pappmache, Figuren kreieren; alte Tapetenreste bemalen draußen: Hände und Füsse dürfen zum Einsatz kommen; Türschild erneuern: altes Brett ( bemalen oder naturbelassen, darauf mit Nägeln zu den Familiennamen Hämmern so dass man mit Faden/ Garn den Namen kenntlich macht.
Liebe Nathalie, danke für diese tolle Ideen. Die Körperumrisse auf Tapete zeichnen haben wir auch schon mal gemacht. Das war auch eine schöne Deko für die Kinderzimmertüren. Liebe Grüße Marita